~ Desdemona Naismith ~
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»Also, ich bin weiblich, volljährig, nicht auf Hogwarts, nicht
Geschwisterkind oder Elternteil von einem OC?«
»Du hast nie gefragt, ob du auf Hogwarts bist. Nur, ob du da
arbeitest.«
»Wait. Aber wenn ich nicht da arbeite, wieso bin ich dann auf
Hogwarts? Like, bin ich die Creep-Hexe, die kleine Erstklässler mit
Süßigkeiten auf ihren Besen lockt?«
– Aythya und Lindenzwerg in einer Runde ›Wer bin ich?‹ Edition Ephemeral
Desdemona Naismith war alt.
Nicht ›älter‹ und erst recht nicht ›reif‹. Desdemona Naismith war einfach alt.
Ihr Haar hatte Farbe und Volumen von Spinnweben, ihre kleinen grauen Äuglein waren tief in den Höhlen versunken, ihre Hände erinnerten an die Klauen eines Vogels, mager, knochig, mit langen, ungepflegten Fingernägeln und von Altersflecken bedeckter Haut. Dazu hatte sie nicht unbedingt das selige Lächeln auf dem Gesicht, das manche alte Leute so wunderbar beherrschten und ›Ich bin eine liebenswürdige Person mit Großelternpotential und wenn du mich auf der Straße grüßt, macht das meinen Tag gleich dreimal besser‹ sagte, sondern einen verkniffenen Mund mit farblosen Lippen, die sich oft tonlos bewegten, als ob sie lautlose Gemeinheiten über irgendjemanden oder irgendetwas murmelte. War man mit der Interpretation so weit, dann war man übrigens auch ziemlich nah an der Wirklichkeit dran.
Der gewöhnliche Betrachter hielt Desdemona Naismith nicht nur für eine unfreundliche, verbitterte alte Frau, sondern für eine unfreundliche, verbitterte alte Hexe, was daran liegen könnte, dass sie alte, mottenzerfressene Kleidung und einen Hexenhut trug und ihre Hand in der Regel auf einem Gehstock ruhte, dessen Knauf in Form einer Eule geschnitzt war und sich gelegentlich bewegte.
Ach ja. Und sie verkündete auch bereitwillig jedem, der es hören konnte, dass sie eine Hexe aus einer alten schottischen Blutlinie war. Der gewöhnliche Betrachter hielt Desdemona für eine verbitterte Hexe, der besonders geschulte Beobachter wusste, dass sie eine war, hatte allerdings keine Ahnung, wie es möglich war, dass das Zaubereiministerium sie noch nicht kaltgestellt hatte. Dem Internationalen Geheimhaltungsabkommen entsprechend leben war definitiv etwas anderes.
Aber niemand schien Desdemona zu belangen. Wenn sie einsam und allein in ihrer Hütte in den schottischen Highlands saß und einen besonders dramatisch aussehenden, blubbernden Zaubertrank braute, der aussah, als verleihe er ihr die Macht über Leben und Tod, aber eigentlich nur ihre Arthrose etwas lindern sollte, dann bildete sie sich stets ein, dass das daran lag, dass man im Ministerium Angst vor ihr hatte oder wenigstens Respekt und sie deshalb in Frieden ließ.
Die Wahrheit war wohl eher, dass bis vor neun Jahren ein Bürgerkrieg geherrscht hatte – den sie in der Hütte in den Highlands übrigens auch nicht so richtig mitbekommen hatte – und sich danach in schneller Folge fünf Zaubereiminister die Klinke in die Hand gedrückt hatten, die magische Gesellschaft